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Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Quadratischer Scho K.O. für „Milka“

Juli 30th, 2020 Posted by Allgemein 0 thoughts on “Quadratischer Scho K.O. für „Milka“”

88 Jahre lang ist nur eine Schokoladenverpackung quadratisch. Und nach dem Willen der obersten Richter des Bundesgerichtshofs wird Ritter Sport dieses Monopol auch noch eine ganze Weile behalten.

Denn mit Beschlüssen vom 23.07.2020 (I ZB 42/19 und I ZB 43/19, https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020093.html) wies der I. Zivilsenat in Karlsruhe die Anträge des „Milka“ – Herstellers Mondelez auf Löschung von zwei für Tafelschokolade eingetragene Marken von Ritter Sport in Form quadratischer Verpackungen zurück.

Ein jahrzehntelanger Rechtsstreit

Ganze zehn Jahre bissen sich die LILA-Riesen an der quadratisch süßen Konkurrenz des in Baden-Württemberg ansässigen Familienunternehmens Ritter die Zähne aus. Dessen Mitgründerin Clara hatte bereits im Jahre 1932 die eigenwillige Idee, eine Schokolade in quadratischer Form zu produzieren.

Weitere 63 Jahre später hatte sich die quadratische Verpackung für Schokolade qua Benutzung als Herkunftshinweis für Ritter Sport längst durchgesetzt, so dass das Deutsche Patent- und Markenamt einer Eintragung als dreidimensionaler Marke im Jahre 1995 zustimmte. Eine weitere kam im Jahre 2001 hinzu.

Damit aber war anderen Süßwarenherstellern das Anbieten von Tafelschokolade in quadratischen Verpackungen erst einmal verboten. Ein Umstand, mit dem sich Mondelez (ehemals Kraft Foods) partout nicht abfinden wollte. Und so entschied man sich im Jahre 2010, die Löschung der quadratischen Ritter-Sport-Marken zu beantragen und das Monopol der Konkurrenz zu knacken.

Etliche Instanzen und Jahre später scheint dieser Versuch nun endgültig gescheitert zu sein.

Erste Niederlage schon vor drei Jahren

Bereits im Jahre 2017 hatte der BGH den ersten Löschungseinwand von Mondelez, dass die in den Marken gezeigten Verpackungen lediglich typische Gebrauchseigenschaften darin verpackter Tafelschokolade wiedergeben würden, zurückgewiesen. Ein solches in § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geregeltes sogenanntes „Schutzhindernis“ könne nämlich nur dann zu einer Löschung führen, so die Karlsruher Richter, wenn die Marke ausschließlich aus einer durch die Art der Ware selbst bedingten Form bestehe. Die von Ritter Sport beanspruchte quadratische Form sei aber bereits keine wesentliche Gebrauchseigenschaft von Schokolade.

Ritter Sport behält Monopol

Noch aber hatte Mondelez ein weiteres Eisen im Feuer, um die Marken des Kontrahenten zum Schmelzen zu bringen: Denn grundsätzlich ist eine Marke auch dann zu löschen, wenn diese ausschließlich aus einer Form besteht, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Dieses Schutzhindernis hatte die Rechtsprechung in der Vergangenheit zum Beispiel für als Marken angemeldete Schmuckwaren, Kleider oder Vasen angenommen, bei denen der durch die Form vermittelte ästhetische Wert der Ware derart im Vordergrund stand, dass der Marke selbst kein Herkunftshinweis mehr zugesprochen werden konnte.

Doch drei weitere Jahre später versagte der BGH nun auch diesem Einwand die Gefolgschaft und wies die Löschungsanträge von Mondelez endgültig zurück.

Zwar verfolge Ritter Sport eine Vermarktungsstrategie, in der sie die quadratische Form der Verpackung mit dem bekannten Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ herausstelle. Dies könne auch dazu führen, dass die Entscheidung der Verbraucher, die Schokolade zu erwerben, durch die quadratische Form der Verpackung bestimmt wird, weil die Verbraucher darin einen Hinweis auf die Herkunft der Schokolade aus einem bestimmten Unternehmen sehen und damit bestimmte Qualitätserwartungen verbinden.

Auf all das komme es aber bei der Bestimmung des zweiten Schutzhindernisses nicht maßgeblich an, so der Erste Senat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 23.07.2020.

Entscheidend sei vielmehr, dass die quadratische Form der für Ritter Sport eingetragenen Verpackung weder einen besonderen künstlerischen Wert habe noch zu bedeutenden Preisunterschieden gegenüber ähnlichen Produkten führe. Dafür, dass die quadratischen Verpackungen der darin enthaltenen Schokolade einen besonderen Wert verleihen würden, gebe es schlichtweg keine Anhaltspunkte.

Kein LILA-Quadrat

Ritter Sport bleibt also auch künftig die einzige quadratische Schokolade. Lila wird diese aber auch weiterhin kaum sein. Denn hier hält wiederum die Konkurrenz das Monopol in Form einer noch älteren eingetragenen Farbmarke.

Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Björn Kreische, LL.M. (University of Cape Town)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Warnhinweise vor gekauften Ärztebewertungen – Darf Jameda das?

Juli 7th, 2020 Posted by Könnte wichtig sein 0 thoughts on “Warnhinweise vor gekauften Ärztebewertungen – Darf Jameda das?”

Warnhinweise sozialer Netzwerke sind derzeit MÄCHTIG im Gespräch. Erst Ende Mai tobte der wahrscheinlich größte Kurznachrichtenfan im Weißen Haus, als TWITTER zwei seiner meinungsstarken Äußerungen mit einem Warnhinweis und einem Faktencheck unterlegte.

Derlei hat Donald Trump von Facebook (noch) nicht zu befürchten, das Beiträge von Politikern bislang noch nicht überprüfen ließ.

Auch in Deutschland stehen Warnhinweise auf sozialen Plattformen derzeit im hohen juristischen (Dis)kurs, wie zwei kürzlich ergangene Urteile der Landgerichte Kassel und Frankfurt belegen. Zwei Entscheidungen basierend auf hochgradig ähnlichen Sachverhalten, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Vorwurf der manipulierten Bewertungen

Beiden Eilverfahren lag jeweils ein Unterlassungsantrag eines Zahnarztes bzw. einer Zahnärztin zu Grunde, die sich über nachfolgenden Warnhinweis auf ihren Profilseiten bei dem Ärztebewertungsportal „Jameda“ geärgert hatten:

“Bei den Bewertungen auf diesem Profil haben wir Auffälligkeiten festgestellt, die uns veranlassen, an deren Authentizität zu zweifeln. Wir haben den Profilinhaber mit dem Sachverhalt konfrontiert. Hierdurch ließ sich die Angelegenheit bisher nicht aufklären. Der Profilinhaber bestreitet für die Manipulation selbst verantwortlich zu sein.

Damit sich die Nutzer ein Bild von der Glaubwürdigkeit der Bewertungen eines Profils machen können, kennzeichnen wir Profile, bei denen Verdachtsfälle auf Manipulation in Form von gekauften oder in unlauterer Weise beeinflussten Bewertungen aufgetreten sind. Ob die Manipulation vom Profilinhaber veranlasst wurden, können wir trotz Kontaktaufnahme nicht endgültig beurteilen

Wir entwickeln unsere Verfahren permanent weiter, um manipulierte Bewertungen zu identifizieren, entfernen diese und gehen entschieden gegen die Verantwortlichen vor. Es kann dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Profil weiterhin bzw. künftig manipulierte Bewertungen enthält.“

Jameda hatte diese Hinweise insbesondere damit gerechtfertigt, dass man anhand von IP- und E-Mail-Adressen herausgefunden hatte, dass die in Rede stehenden Bewerter in der Vergangenheit für Anbieter von kommerziellen Bewertungsportalen tätig gewesen waren und ebenfalls das Zahnärzte-Profil des jeweiligen Antragstellers bewertet hatten. Andere Ärzte hatten zudem bestätigt, dass ihnen gegenüber dieselben Nutzer gekaufte Bewertungen abgegeben hatten. Zudem waren einzelne Bewertungen dieser Nutzer nahezu zeitgleich für mehrere Ärzte, u.a.  auch die in den Verfahren betroffenen Zahnärzte abgegeben worden.

Die jeweiligen antragstellenden Zahnärzte in Kassel und Frankfurt stritten jegliche Verantwortlichkeit für die offenbar gekauften Bewertungen rigoros ab und versicherten dies auch an Eides statt. Aufklären konnten sie die augenscheinliche Manipulation der Bewertungen jedoch nicht.

Südhessen: Pro Jameda

Zu wenig Aufklärung wie zumindest das Landgericht Frankfurt am Main am 09.06.2020 – Az.: 2-03 O 167/20 – entschied (https://www.itm.nrw/wp-content/uploads/LG-Ffm-jameda-Warnhinweis.pdf), welches den auf Unterlassung des Warnhinweises gerichteten Eilantrag des dortigen Zahnarztes zurückwies.

Nach Ansicht der südhessischen Richter habe Jameda mit seinen vorstehend erläuterten Argumenten das notwendige Mindestmaß an Beweistatsachen geliefert, um den Verdacht zu rechtfertigen, dass der antragstellende Zahnarzt die Bewertungen käuflich erworben hatte bzw. ihm ein Kauf zurechenbar war. Demgegenüber sei das eidesstattlich versicherte Abstreiten, für einen Kauf nicht verantwortlich zu sein und die vermeintlich hinter den gekauften Bewertungen stehenden Firmen nicht zu kennen, unzureichend.

Zugunsten von Jameda bestehe vielmehr ein öffentliches und privates Interesse an einer funktionierenden und glaubwürdigen Bewertungsplattform, die Transparenz auf dem Markt für ärztliche Leistungen erzeuge und eine mögliche Entscheidungsgrundlage für Patienten bei der Wahl eines Arztes schaffe. Auch dem Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs zwischen den Ärzten sei es geschuldet, dass dieser nicht durch gekaufte Bewertungen verzerrt werde.

Da die Frankfurter Richter zudem den Warnhinweis auch nicht als Vorverurteilung des betroffenen Zahnarztes, sondern lediglich zutreffenden „Verdacht“ einstuften, sei dieser auch gerechtfertigt gewesen.

Nordhessen: Contra Jameda

Dass Gerichte bei einem nahezu identischen Sachverhalt zu einem komplett unterschiedlichen Ergebnis kommen können, musste Jameda jedoch gerade einmal eine Woche später vor dem Landgericht Kassel erfahren (Verfügungsurteil vom 15.06.2020 – Az.: 10 O 703/20 – https://www.itm.nrw/wp-content/uploads/jameda-Warnhinweis-Urteil_LG_Kassel_10_O_703_20.pdf ).

Im Gegensatz zu ihren südhessischen Kollegen gab die nordhessische Vorsitzende Richterin nämlich einem entsprechenden Unterlassungsantrag einer Zahnärztin gegen den identischen Warnhinweis wie im Frankfurter Verfahren statt.

Hierbei stellte das Landgericht Kassel insbesondere darauf ab, dass zwischen Jameda und der betroffenen Zahnärztin ein Vertrag und mit diesem eine vertragliche Nebenpflicht für Jameda bestehe, den Ruf und die Vermögensinteressen des Vertragspartners nicht durch vermeidbare negative Kritik zu beeinträchtigen.

Diese vertragliche Nebenpflicht sei bei der Abwägung mit dem öffentlichen und privaten Interesse von Jameda an der Glaubhaftigkeit der Bewertungen nicht nur zu berücksichtigen, sondern schränke dieses Interesse sogar ein.

Aus Sicht der Kasseler Richterin sei der Warnhinweis auch keineswegs nur als zulässiger Verdacht zu werten, sondern nachweislich unwahr. Denn der Verkehr verstehe den Warnhinweis im Sinne einer ernsthaft in Betracht kommenden Verantwortlichkeit des Profilinhabers. Diese sei aber nicht nachgewiesen, sondern eidesstattlich versichert von der Zahnärztin zurückgewiesen worden. Zudem habe im konkreten Fall die Möglichkeit bestanden, dass nicht die Antragstellerin, sondern ein personenverschiedener Inhaber der Gemeinschaftspraxis, in der die Zahnärztin tätig war, ohne ihr Mitwirken und Wissen die Manipulation in Auftrag gegeben hatte.

Der Warnhinweis stigmatisiere die antragstellende Zahnärztin daher in unzulässiger Weise als Lügnerin, zumal Jameda das Anbringen derartiger Hinweise in ihren Nutzungsbedingungen vertraglich hätte vereinbaren können und auch keine gesetzliche Verpflichtung zur Anbringung von Warnhinweisen bestehe. Schließlich habe Jameda auch ein milderes Mittel zur Verfügung gehabt, den jeweils beanstandeten Einzelbeitrag zu löschen.

Fazit:

Wenn beiden nicht rechtskräftigen Entscheidungen eines gemeinsam ist, dürfte es die Rechtsunsicherheit sein, die auf Seiten von Ärzten und Jameda verbleibt.

Bis zu einer klärenden – wahrscheinlich – höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfte Jameda seine Warnhinweise vermutlich bezüglich der Verdächtigen neutraler gestalten, um den Vorgaben des Kasseler Landgerichts gerecht zu werden. Auch ist damit zu rechnen, dass sich Jameda künftig Warnhinweise in seinen Nutzungsbedingungen vorbehält, um dem Vorwurf gekaufter Bewertungen öffentlich entgegenzutreten.

Der erfreuliche Trend, Manipulationen auf sozialen Netzwerken einen Riegel vorzuschieben, dürfte gleichwohl auch durch die Kasseler Entscheidung nicht ausgebremst werden.

Auch auf Seiten Facebooks scheint der öffentliche mediale und werbewirtschaftliche Druck mittlerweile erste Früchte zu tragen.

Laut Pressemitteilung von Firmenboss Zuckerberg soll es nun strengere Regeln und interne Richtlinien für politische Werbung geben. Auch Hasstiraden hochrangiger Politiker sollen nicht mehr einfach kommentarlos stehen bleiben dürfen, sondern dementsprechend gekennzeichnet werden.

Es bleibt spannend.

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