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Wer „grün“ werben will, muss Farbe bekennen

April 25th, 2022 Posted by Allgemein 0 thoughts on “Wer „grün“ werben will, muss Farbe bekennen”

– Rechtssichere Bewerbung am Beispiel eines Impact Investment Fonds –

Umweltfreundliche und ökologische Unternehmen kommen in jeder Zielgruppe gut an. Ein „grünes Image“ zeigt dem Verbraucher, dass es sich um eine Firma handelt, die großen Wert legt auf die Schonung von Umwelt und Ressourcen.

Die Außendarstellung und insbesondere die Werbung mit der vermeintlich nachhaltigen Ausrichtung eines Unternehmens stoßen aber immer wieder an rechtliche Grenzen. Dies musste unlängst auch eine Tochter der Commerzbank bei der Bewerbung ihres Impact Investment Fonds im Internet erfahren.

Was war passiert?

Verbraucherzentrale versus Commerz Real

Die Commerz Real, besagte Tochter der Commerzbank, hatte auf innovative Weise ihren Investmentfond „klimavest“ für Wind- und Solarenergieprodukte im Internet beworben. 

Als Impact Fond war das Unternehmen gemäß Europäischer Offenlegungs- und Taxonomieverordnung rechtlich dazu verpflichtet, ein positives ökologisches Ziel zu formulieren. Diesem Erfordernis kam „klimavest“ auch mit der Ankündigung eines Soll-Wertes von mindestens 3,5 Tonnen CO2-Vermeidung pro 10.000 EURO jährlicher Anlagesumme nach.

Um das ökologische Potential des Fonds in der Öffentlichkeit anzupreisen, stellte die Commerz Real Interessenten zudem auf ihrer Website einen „CO2-Rechner“ zur Verfügung, mit dem der User unter Angabe verschiedener Parameter zu seinen Wohnverhältnissen und seinem Konsum- und Mobilitätsverhalten seinen persönlichen „CO2-Fußabdruck“ ermitteln konnte.

Diesem Wert wurde sodann ein durch das beworbene Investment avisierter „CO2-Ausgleich“ gegenübergestellt. Untermalt wurde diese Werbung mit weiteren Aussagen zur Umweltfreundlichkeit der Anlage. So könne die vom Verbraucher zu leistende Geldanlage etwa „messbar Klima schützen“ und habe ganz konkrete Auswirkungen auf den persönlichen „CO2-Fußabruck“ des Investors infolge des durch den CO2-Ausgleich erworbenen Einsparpotentials.

Aus Sicht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg war diese Werbung jedoch insbesondere deshalb unzulässig, weil dem Verbraucher im CO-2 Rechner stets ein absoluter und fixer CO2-Ausgleich für sein Investment ausgelobt und von seinem „CO-2 Fußabdruck“ abgezogen wurde. Dies sei irreführend, so die Verbraucherzentrale, weil die Commerz Real in ihrem eigenen Informationsmemorandum zu ihrem Fond einräumen musste, dass es sich bei den 3,5 Tonnen CO2-Vermeidung pro 10.000 EURO jährlicher Anlagesumme nur um ein Impact-Ziel handle, das tatsächlich überhaupt nicht garantiert werden und sowohl über- als auch unterschritten werden könne.

Da beide Parteien sich nicht außergerichtlich einigen konnten, zog die Verbraucherzentrale vor das Landgericht Stuttgart und nahm die Commerz Real auf Unterlassung der beanstandeten Werbung in Anspruch. Und ….

….bekam RECHT!

Mit seinem Urteil (LG Stuttgart, Urt. v. 31.1.2022 – 36 O 92/21 KfH) bestätigte das Landgericht die gefestigte Rechtsprechung, nach der bei umweltbezogener Werbung, ebenso wie bei gesundheitsbezogener Werbung, besondere strenge Maßstäbe für den Werbenden gelten und gesteigerte Aufklärungspflichten der angesprochenen Verkehrskreise vorausgesetzt werden.

Hierfür, so die Stuttgarter Richter, reiche es aber eben nicht aus, wenn Aufklärungen über die Unverbindlichkeit von Anlagezielen – wie hier – erst im Rahmen einer Informationsbroschüre oder über einen gesonderten Link abrufbar seien. Zumindest dann nicht, wenn die umweltfreundliche Aussage – hier der CO-2 Ausgleich – zuvor gegenüber dem Interessenten als Fixum bzw. starrer Wert beworben wurde.

Auch wenn das Urteil des Landgerichts Stuttgart noch nicht rechtskräftig ist, zeigt es doch, wie sorgsam Unternehmen bei der Bewerbung umweltfreundlicher und nachhaltiger Aussagen sein sollten.

Denn bis auf Weiteres ist die beanstandete Werbung des Impact-Fonds der Commerz Real unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt. Bis zu einer abschließenden Entscheidung müssen die Website und entsprechende Werbeaussagen überarbeitet und abgeändert werden. Zugleich ist darauf zu achten, dass die untersagten Anpreisungen auch nicht in anderen öffentlichen Medien, sei es in sozialen Netzwerken, Print, Rundfunk oder TV verbreitet werden.

CHECKLIST für „grüne Werbung“

Derartigem unnötigen Personal- und Kostenaufwand sollte bereits im Vorfeld durch eine umfassende Prüfung umweltfreundlicher Darstellung und Werbung entgegengewirkt werden.

Essentielle Fragen, die sich der Werbende dabei vorab stellen muss, sind u.a.

  • Ist die Behauptung einer besonderen Umweltfreundlichkeit objektiv wirklich zutreffend und kann sie im Zweifel auch uneingeschränkt nachgewiesen werden?
  • Ist die Werbeaussage einer besonderen Umweltfreundlichkeit konkret genug und für den durchschnittlichen Verbraucher auch zu verstehen?
  • Bezieht sich der beworbene „grüne“ Aspekt wirklich auf das gesamte Produkt oder tatsächlich nur auf einzelne Bestandteile dessen?
  • Bei allgemeinen uneingeschränkten Angaben wie z.B. „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“: Kann der gesamte Produktions- und Lieferprozess des Produktes tatsächlich auch nachgewiesen werden?
  • Sofern die umweltbezogene Werbeaussage Einschränkungen unterliegt: Wird der Verbraucher auch wirklich transparent und unmittelbar im Zusammenhang mit der Botschaft über deren Einschränkungen und sämtliche relevanten Informationen aufgeklärt?

Zugegeben, für Nichtjuristen häufig nicht ganz leicht einzuschätzende Kriterien. Das Hinzuziehen fachkundiger Beratung wird sich daher in aller Regel lohnen – und schlussendlich auch kostengünstiger als eine ansonsten drohende gerichtliche Auseinandersetzung sein..

So hätte man im Fall der Commerz Real vorab etwa die beanstandete Werbeaussage über den CO-2 Ausgleich durch wörtliche Zusätze, wie „ungefähr“ oder „ca.“, aber auch durch eine transparentere Aufklärung der Einschränkung der Werbebotschaft rechtzeitig entschärfen können.

Ausblick

PR-Methoden, die zum Ziel haben, einem Unternehmen ein nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, stehen zunehmend im Fokus kritischer Beobachtung von Wettbewerbern, Wettbewerbsverbänden und Gerichten. Die Grenzen von zulässigen sog. Green Claims und unzulässigem sog. Greenwashing sind dabei fließend. Selbst wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu bislang noch dünn ist: diverse Entscheidungen unterer Instanzen zeigen, dass Unternehmen höchste Sorgfalt und Vorsicht bei der Bewerbung umweltbezogener Aussagen wie „klimaneutral“, „CO-2-reduziert“, „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ anwenden müssen, um nicht auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Auch die Anbieter von nachhaltigen Investmentfonds werden sich diesen Anforderungen stellen müssen, wie das jüngste Urteil des LG Stuttgart belegt.

Insbesondere aber auch auf europäischer Ebene ist das „Greenwashing“ vermehrt in den Fokus von Politik und Regulierung gerückt, wie die jüngsten „Green Deal“ Vorschläge der Europäischen Kommission zur Stärkung der Rechte und Interessen der Verbraucher belegen (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_22_2013)

So soll es künftig etwa untersagt sein, irreführende Angaben über ökologische und soziale Auswirkungen von Produkten oder deren Haltbarkeit bzw. Reparierbarkeit zu machen. Davon umfasst wären beispielsweise Aussagen zur Recycelbarkeit von Produkten. 

Ferner ist geplant, die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken dahingehend zu ergänzen, dass künftig umweltbezogene Eigenschaften explizit zu den bestimmten allgemeine Produkteigenschaften gehören, über die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht irregeführt werden dürfen. Reine Absichtserklärungen zum Umweltschutz sollen nur noch im Ausnahmefall zulässig sein und zwar lediglich dann, wenn das Unternehmen klare, objektive und überprüfbare Verpflichtungen zur Erreichung der ausgegebenen Ziele übernommen und sich einem unabhängigen Überwachungssystem unterworfen hat.  

Nicht nachweisbare pauschale Aussagen über Umwelteigenschaften, wie z.B. „umweltfreundlich“ oder „grün“, sollen außerdem ebenso verboten werden wie umweltbezogene Aussagen über das gesamte Produkt, sofern diese tatsächlich nur auf einen Teil zutreffen.  

Schließlich soll es der Werbung mit freiwilligen Nachhaltigkeitssiegeln, die nicht von unabhängiger Stelle geprüft sind, mit einem allgemeinen Verbot rechtlich an den Kragen gehen.

Auch wenn diese Vorschläge der EU-Kommission bislang noch keine rechtliche Wirkung entfalten, werden ihre grundsätzlichen Aussagen gewiss bereits Einfluss auf die ohnehin restriktive Rechtsprechung unserer Gerichte haben.

Wer „grün“ werben möchte, muss künftig also Farbe bekennen.

Björn Kreische, LL.M. (University of Cape Town)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

BGH Urteil: Die Last mit der Lastschrift

Mai 7th, 2020 Posted by Allgemein 0 thoughts on “BGH Urteil: Die Last mit der Lastschrift”

Das Kürzel SEPA steht für Single Euro Payments Area (Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum). Mit SEPA soll der Zahlungsverkehr im europäischen Wirtschaftsraum harmonisiert und mit einheitlichen Zahlungsverkehrsprodukten – Überweisungen und Lastschriften – abgewickelt werden.

Natürlich gibt es zur Durchsetzung dieser Ziele auch eine gesetzliche Regelung, die Europäische SEPA-Verordnung, die am 01. Februar 2014 in Kraft getreten ist.

Eine der für Online-Händler relevantesten Vorschriften dieser Verordnung befindet sich in Art. 9 Abs. 2. Hiernach ist es dem Zahlungsempfänger, der Lastschriften zum Geldeinzug verwendet, verboten, einem Zahler vorzugeben, in welchem Mitgliedstaat er sein grundsätzlich für Lastschriften erreichbares Zahlungskonto zu führen hat.

Wiederholt haben deutsche Online-Händler, die Lastschriften von im Ausland ansässigen Käufern abgelehnt hatten, bereits in der Vergangenheit unbequeme Bekanntschaft mit dieser Vorschrift gemacht und kostenpflichtige Abmahnungen von Wettbewerbsverbänden oder Mitbewerbern über sich ergehen lassen müssen.

Nun ist die Liste und Last der abmahnfähigen SEPA-Vorgaben noch um eine Variante reicher geworden.

Gemäß Urteil des Bundesgerichtshofs ist Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung nämlich auch anwendbar, wenn der Käufer zwar in Deutschland wohnt, sein Konto für das Lastschriftverfahren aber in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterhält.

Mit anderen Worten:

Welches EU-Konto der Käufer zum Lastschrifteinzug angibt ist egal. Der Verkäufer muss es für den bargeldlosen Zahlungsverkehr akzeptieren und die Lastschrift durchführen.

Der Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 06.02.2020 (Az.: I Z 93/18) ist hier abrufbar: https://medien-internet-und-recht.de/pdf/VT-MIR-2020-Dok-037.pdf

Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Björn Kreische, LL.M. (University of Cape Town)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Vorsicht: Fehlende EINWEG – Verpackungshinweise sind abmahnbar

Mai 7th, 2020 Posted by Allgemein 0 thoughts on “Vorsicht: Fehlende EINWEG – Verpackungshinweise sind abmahnbar”

Firmen, die der Pfandpflicht unterliegende Einweg-Getränke verkaufen, sind verpflichtet, in der Verkaufsstelle deutlich sichtbar und lesbar mit dem Schriftzeichen „EINWEG“ darauf hinzuweisen, dass diese Verpackungen nach der Rückgabe nicht wiederverwendet werden.

Auch der Ort des Hinweises ist natürlich preußisch verbindlich geregelt: Er muss auf Informationstafeln oder -schildern angebracht werden, die sich in unmittelbarer Nähe zu den Einweggetränkeverpackungen befinden.

So will es das Verpackungsgesetz.

Dass die Überwachung und Einhaltung solch detaillierter gesetzlicher Informationspflichten aber nicht nur der behördlichen Kontrolle unterliegt, hat nun das Oberlandesgericht Köln in seinem Hinweisbeschluss vom 09.04.2020 festgestellt (Az.: 6 U 292/19 – der Volltext wurde noch nicht veröffentlicht).

Hiernach beinhaltet eine Zuwiderhandlung gegen die nach § 32 Verpackungsgesetz bestehenden Hinweispflichten zugleich einen Wettbewerbsverstoß.

Will heißen:

Auch Wettbewerbsvereine oder Mitbewerber können das Fehlen entsprechender Hinweise kostenpflichtig abmahnen und Unterlassungsansprüche geltend machen.

Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Björn Kreische, LL.M. (University of Cape Town)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz



Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

„Sauberer“ Verkauf von Desinfektionsmitteln in Zeiten von Corona

April 14th, 2020 Posted by Allgemein 0 thoughts on “„Sauberer“ Verkauf von Desinfektionsmitteln in Zeiten von Corona”

Desinfektionsmittel – Wahrscheinlich eine der „heißesten“ Waren in Zeiten der Corona-Krise.

Bereits Ende März 2020 meldete der SPIEGEL eine Verachtfachung der Nachfrage nach Desinfektionsmitteln. In der Zwischenzeit hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bereits umfangreiche Allgemeinverfügungen mit Ausnahmeregelungen erlassen, um Apotheken, pharmazeutischer und chemischer Industrie sowie Personen des öffentlichen Rechts die Herstellung und das Bereitstellen von zusätzlichen Desinfektionsmitteln auf dem Markt zu erleichtern.

Entsprechend explodiert auch der Online-Markt. Und seit neuestem auch wieder einmal das Abmahnwesen. Dabei stehen jedoch nicht nur „Wucherpreise“ und entsprechend nichtige Rechtsgeschäfte – vollkommen zu Recht – in Rede. Auch Anbieter, die ihre Desinfektionsmittel zu angemessenen und moralisch vertretbaren Preisen vertreiben, sind vor Abmahnungen von Wettbewerbern nicht gefeit.

Was also müssen Online-Händler beim Anbieten und Bewerben von Desinfektionsmitteln – außer einer fairen Preisgestaltung – noch beachten?

Die Biozid-Verordnung

Desinfektionsmittel zur menschlichen Hygiene, aber auch solche zur Hygiene im Veterinärbereich, zur Desinfektion im Lebens- und Futtermittelbereich und von Wasser fallen unter die Biozid-Verordnung der Europäischen Union aus dem Jahre 2012 (EU-Verordnung 528/2012).

Hiernach unterliegt sowohl die Herstellung der Desinfektionsmittel als auch der hierin enthaltenen Wirkstoffe umfangreichen Zulassungs- und Genehmigungsvoraussetzungen.

Ferner ist auch der Vertrieb von Desinfektionsmitteln zahlreichen Informations- und Kennzeichnungsvorschriften unterworfen, die gerade vom Online-Handel nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten.

Auffällig zum Beispiel ist, dass vielen Online-Angeboten bereits der Hinweis

Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.“

fehlt. Diese Information muss jedoch bei jeder Bewerbung von Desinfektionsmitteln gemäß Art. 72. Abs.1 Biozid-VO deutlich abgehoben und gut lesbar angegeben werden. Eine Ausnahme gestattet der Verordnungsgeber dabei nur insoweit, als dass der Begriff „Biozidprodukt“ durch einen eindeutigen Verweis auf die beworbene Produktart (z.B. „Desinfektionsmittel“) ersetzt werden darf.

Weitere Gefahren lauern, wenn Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit irreführend oder verharmlosend dargestellt werden.

Aussagen wie „ungiftig“, „unschädlich“ „natürlich“, „umweltfreundlich“ oder „tierfreundlich“ dürfen dabei nicht einmal dann zur Bewerbung verwendet werden, wenn sie tatsächlich zutreffend wären.

Die CLP – Verordnung

Bereits die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichten im Fernabsatz über die wesentlichen Eigenschaften des jeweils angebotenen Produkts zu informieren.

Obligatorische Angaben im Rahmen der Artikelbeschreibung eines Online-Angebots von Desinfektionsmitteln sind hiernach u.a.

  • Name und Anschrift des Zulassungsinhabers,
  • Bezeichnung jedes Wirkstoffs und seine Konzentration in metrischen Einheiten,
  • der Hinweis, ob das Produkt Nanomaterialien enthält sowie auf mögliche, sich daraus ergebende Risiken und nach jedem Hinweis auf Nanomaterialien das Wort „Nano“ in Klammern,
  • die Anwendungen, für die das Biozidprodukt zugelassen ist,
  • Gebrauchsanweisung, Häufigkeit der Anwendung und Dosierung,
  • Besonderheiten möglicher unerwünschter, unmittelbarer oder mittelbarer Nebenwirkungen sowie
  • die Kategorie von Verwendern, die das Biozidprodukt verwenden dürfen.

Über diese allgemeinen Hinweise hinaus sieht die sogenannte „Regulation on Classification, Labelling und Packing of Substances and Mixtures“ weitere Gefahrenhinweise und Kennzeichnungsvorschriften vor (kurz: CLP-Verordnung (VO [EG] Nr. 1272/2008).

Werden Inhaltsstoffe der Desinfektionsmittel nach der CLP-Verordnung als gefährlich eingestuft oder beinhalten ein von der Verordnung geregeltes besonderes Gemisch, ist der Verbraucher auch explizit über deren Gefahreneigenschaften in Kenntnis zu setzen.

Je nach Zusammensetzung des Hygieneprodukts hat die Information über die jeweilige Gefahr durch Hinweise in Form von

  • Gefahrenpiktogrammen,
  • Signalwörtern („Achtung“, „Gefahr“),
  • Gefahrenhinweisen (z.B. „Verursacht schwere Augenschäden.“, „Verursacht Hautreizungen.“) und
  • Sicherheitshinweisen (z.B. Nach Gebrauch Hände gründlich waschen.“ oder „Nur im Originalbehälter aufbewahren.“

zu erfolgen.

Während der Hersteller dieser Pflicht durch die Etikettierung des Produkts oder Kennzeichnung der Produktverpackung nachzukommen hat, müssen die jeweiligen Gefahrenhinweise auch im Bereich des Fernabsatzes zwingend dem Verbraucher zur Kenntnis gebracht werden.

Wie müssen die Angaben im Online-Angebot erfolgen?

Entscheidend ist, dass der Verbraucher sämtliche obligatorischen Informations- und Gefahrenhinweise bereits vor dem Online-Kauf ohne weitere Zwischenschritte und gut lesbar zur Kenntnis nehmen kann.

Verlinkungen, Fußnoten oder Reiter auf die Hinweise sind daher ebenso zu vermeiden, wie eine Direktbestellung über den Warenkorb, ohne dass der Verbraucher die Artikel- und Sicherheitsbeschreibung wahrnehmen muss.

Zu empfehlen ist daher eine vollständige Kennzeichnung der gesetzlichen Pflichtangaben im Rahmen einer detaillierten Artikelbeschreibung, die der Verbraucher vor Abschluss des Kaufs zwingend zu passieren hat.

Dabei kann die Darstellung der Gefahrenhinweise auch durch die bildliche Wiedergabe des entsprechend beschrifteten Etiketts oder der Verpackung des Desinfektionsmittels erfolgen. Allerdings ist darauf zu achten, dass die jeweiligen Informationen für den Verbraucher auch noch ohne Weiteres lesbar sind.

Wichtig ist für den Online-Händler ferner, auf die Etikettierung und Verpackungskennzeichnungen des Produkts durch den Hersteller oder Importeur nicht blindlings zu vertrauen. Nicht immer sind diese vollständig und entsprechen den Vorgaben der Unionsverordnungen.

Fazit:

Der Online–Handel von Desinfektionsmitteln boomt. Und mit ihm wieder einmal das Abmahnwesen.

Wucherpreise sind nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich angreifbar. Um kostenpflichtigen Abmahnungen von Wettbewerbern vorzubeugen, sollten aber auch gesetzlich vorgeschriebene Werbeangaben im Fernabsatz nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Händler sollten sich zudem beim Hersteller und Inverkehrbringer der Waren rechtsverbindlich versichern lassen, dass Etikettierung und Verpackung den Kennzeichnungsvorschriften der Biozid- und CLP-Verordnung entsprechen.

Gerne steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Kreische LL.M. für Ihre Rückfragen zur Verfügung und übernimmt Ihre anwaltliche Beratung, sollten Sie Desinfektionsmittel in den Verkehr bringen wollen oder bereits eine Abmahnung erhalten haben.

Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Björn Kreische, LL.M. (University of Cape Town)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Rechtsanwalt Kreische Karlsruhe

Können Mitbewerber und Wettbewerbsverbände DSGVO-Verstöße erfolgreich abmahnen?

April 8th, 2020 Posted by Könnte wichtig sein 0 thoughts on “Können Mitbewerber und Wettbewerbsverbände DSGVO-Verstöße erfolgreich abmahnen?”

Ob Impressum, AGB oder Werbeaussagen: Der Dschungel abmahnfähiger Informationspflichten ist dicht. Gerade Online-Händler sorgen sich vor kostenpflichtigen Abmahnungen der Konkurrenz oder auch findigen Abmahnverbänden.

Mit der Einführung der Datenschutzgrundverordnung kam eine weitere Sorge dazu:

Sind auch Datenschutzverstöße wettbewerbsrechtlich durchsetzbar

Bislang fiel die Antwort deutscher Gerichte noch unterschiedlich aus. Jetzt scheint sich ein gewisser Trend zu bestätigen: Nicht zum Vorteil des Online-Handels….

Uneinigkeit zwischen Kammern und Senaten

Für eine kurze Zeit schienen gerade erstinstanzliche Urteile Milde mit Shopbetreibern, eBay-Händlern und anderen gewerblichen Webseitenanbietern walten zu lassen.

So kamen z.B. die Landgerichte in Bochum (Urt. v. 07.08.2018 – Az.: I-12 O 85/18), Wiesbaden oder Stuttgart zu dem Schluss, die Regelungen der Datenschutzgrundverordnung seien abschließend. Folglich dürften auch nur wenige in der DSGVO bestimmten Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht unter weiteren Voraussetzungen abmahnen. Dieses Recht erstrecke sich aber nicht auf Mitbewerber und die meisten Wettbewerbsvereine.

Dieser durchaus erfreulichen Sicht zahlreicher Landgerichte scheint sich zumindest die nächsthöhere Instanz nicht anschließen zu wollen. Nach dem z.B. bereits die Oberlandesgerichte Hamburg (Urt. v. 25.10.2018 – Az.: 3 U 66/17) und Naumburg (Urt. v. 09.11.2019 – Az.: 9 U 6/19) DSGVO-Verstöße als wettbewerbsrechtlich verfolgbar ansahen, hat sich nun auch das Oberlandesgericht Stuttgart dieser Meinung angeschlossen.

Kläger im dortigen Verfahren war der in der Online-Branche bekannte Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (kurz IDO-Verband). Dieser hatte einen eBay-Händler von KFZ-Zubehör verklagt, weil er seine Nutzer nicht über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten informiert hatte.

Auch wenn es sich hierbei ausschließlich um Pflichten aus der Datenschutzgrundverordnung handelte, seien Verstöße hiergegen auch als Wettbewerbsverletzungen vom Verband gerichtlich grundsätzlich durchsetzbar – so das Oberlandesgericht Stuttgart und gab der Klage statt

Die Rechtsdurchsetzung auf dem zivilen Rechtsweg wird durch die Verordnung in keiner Weise eingeschränkt. Zwar kommt den Aufsichtsbehörden eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Datenschutz-Grundverordnung zu. Die Verordnung beschneidet aber auch nicht die Rechtsdurchsetzung privater Rechte auf dem Zivilrechtsweg. Vielmehr stehen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde, die u.a. Sanktionen verhängen kann, und die privatrechtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen unabhängig nebeneinander und sind gleichrangig.(…).

Eine Einschränkung bestehender Befugnisse zur Rechtsdurchsetzung war nicht bezweckt. Vielmehr sollte durch die Datenschutz-Grundverordnung ersichtlich nur ein Mindeststandard für den Rechtsschutz der betroffenen Person und desjenigen, dem durch Verstöße gegen die Verordnung ein Schaden entstanden ist, geregelt werden. (…)

Insbesondere enthält Artikel 80 DSGVO keine abschließende Regelung für die privatrechtliche Rechtsdurchsetzung. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung, aus einem Gegenschluss zu Artikel 80 Absatz 2 DSGVO ergebe sich, dass Mitbewerber und Wettbewerbsverbände nicht klagebefugt seien.

Fazit:

Mit der sich abzeichnenden Praxis zahlreicher Oberlandesgerichte drohen nun insbesondere auch Datenschutzerklärungen und Datenauskünfte in den Fokus abmahnwütiger Konkurrenten und Interessenverbände zu geraten. Gerade bei der Gestaltung von Datenschutzerklärungen sollte guter anwaltlicher Rat nicht gescheut werden. Und ein Licht am Ende des Tunnels gibt es für viele Online-Händler vielleicht doch noch. Denn das OLG Stuttgart hat die Revision gegen sein Urteil ausdrücklich zugelassen.

Der Bundesgerichtshof muss nun also entscheiden.

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